Wortklauberei 1 - Mitleid/Mitgefühl
gerade mitleid ist ein wort, das für meine begriffe viel zu oft viel zu falsch angewendet wird. und das auch viel zu oft deshalb schlicht und einfach "missbraucht" wird.
MITLEID - mit jemandem mitleiden
ist das liebend?
ich stelle dem mitleid das meines erachtens liebende verhalten des MITGEFÜHLS gegenüber.
dieses mitgefühl nämlich lässt uns haltend, sichernd, helfend, verstehend einem anderen gegenüberstehen.
mitleid? das mitleid könnte uns MIT ihm niederdrücken.
und wie man sieht, könnte man es auch ebenfalls sehr gut als ausrede gebrauchen, um nicht helfend eingreifen zu müssen/können (und meiner meinung nach geschieht dies auch sehr oft – wenn auch selbstverständlich auch hier sehr oft unbewusst).
ich leide heute nur mehr kurze zeit mit jemandem mit. in diesen phasen überträgt sich – oder übertrage ich – das leid des anderen auf mich. es wird zu MEINEM leid und an diesem leide ich.
wie ich schon mehrmals erzählt habe, wenn ICH leide, dann gebe ich meinem leid nach, ich spare meine energie, ich vergeude sie nicht, um sie für mich verwenden zu können.
z.b. bin ich traurig und gebe MIR mit meiner traurigkeit wärme, dann weine ich und spüle meine wunden ...
und dann ... gehe ich hinaus und stütze ...
das aber ist für mich das mitGEFÜHL. ich kann dann mit dem anderen MITFÜHLEN.
so lange ich mit ihm leide, muss ich auf mich selbst schauen.
in meiner näheren erklärung, weiche ich wieder einmal auf eine therapiesequenz aus: die übertragung.
auch therapeuten müssen sich oft auf die gefühle ihrer klienten einlassen, d.h. nichts anderes, sie auf sich übertragen oder zumindest die reaktionen annehmen. ABER, sie müssen es auch lernen, zeitgerecht wieder auszusteigen. sie können letztendlich nicht mit dem ganzen leid ihrer patienten durch die welt laufen. das erscheint uns sicher allen logisch.
nun, genauso muss es natürlich auch im leben sein.
wir können nur kurze zeit das elend und das leid unserer umwelt auf uns laden. wieder einmal: das ist die hölle des bewusstseins (die erbsünde!). wir, die menschen, WISSEN um das leid der anderen. ich bin wieder einmal so vermessen, zu glauben, dass tiere nicht um das leid ihrer artgenossen in dieser form WISSEN.
um mit diesem wissen überhaupt existieren zu können, gibt es einen haufen vorgänge, die dazu dienen, dass uns unser bewusstsein nicht in den wahnsinn treibt.
erscheint mir logisch: sieht man sich das VIELE leid dieser milliarden von menschen an, wie soll ein einzelner die ertragen können?
deshalb muss man sich nun auch gleich überlegen, ob das überhaupt SINN machen würde. und wenn ja, welchen.
meiner meinung nach macht es keinen sinn.
der sinn des einzelnen kann es einfach nicht sein, am elend von millarden anderer zugrunde zu gehen. also läuft irgend etwas in unserer programmierung falsch ...
und man sieht ebenfalls gleich auf den nächsten blick, diejenigen, die das nicht richtig verwalten können, kämpfen meistens mit psychischen beschwerden, oft auch mit physischen, das ist lediglich eine frage der neurosenwahl.
alle diese vorgänge sind abwehr-mechanismen und "gesund".
aber nur so lange sie nicht falsch, bzw. dann eben neurotisch angewandt werden.
das hauptproblem dabei ist:
wieder einmal gaukelt unser hirn uns etwas vor. das gesellschaftliche unbewusste besorgt den rest.
wir "dürften" alle diese vorgänge GAR NICHT anwenden, weil sie von einem bruchteil der menschheit zu machtzwecken missbraucht werden.
das ändert aber – auch wieder einmal – nichts an ihrer wahren bedeutung!
nur, muss man erst lernen, dies zu akzeptieren, weil es uns bisher anders verklickert wurde.
die wichtigsten methoden sind:
abgrenzung, abstumpfung, verdrängung, auch flucht in erinnerungen oder spirituelle bereiche.
wer diese nicht in ihrer legitimen form anerkennen – und auch anwenden - kann, wird entweder dazu gezwungen - d. h. das unterbewusstsein sucht sich einen weg, um diese mechanismen in kraft zu setzen - oder
er wird wahnsinnig werden.
deshalb ist mitleid meistens für mich, ein in seiner bedeutung vollkommen falsch angewendeter begriff.
wir sollten uns auf das mitGEFÜHL konzentrieren. darauf, was wir an einem anderen erspüren können und unser gefühl dafür einsetzen, um ihm zur seite stehen, oder ihn zumindest verstehen zu können.
wenn wir mitleiden, werden wir das in den meisten fällen nicht können, weil wir dann – auch hier wieder oft vollkommen unbewusst – unser eigenes leid pflegen (müssen).
denken wir an ärzte. wenn diese mit jedem patienten mitLEIDEN würden, könnte kein chirurg auf der ganzen welt ein messer führen ...
sicher würde auch so manchem arzt ein wenig mitgefühl ganz gut zu gesicht stehen, da sehen wir diesen unterschied sehr genau: mit MITLEID könnte er gar nichts bewerkstelligen, mit mitgefühl aber viel mehr, als es die meisten tun.
mitleid ist deshalb ein wort, das in meinem persönlichen sprachschatz eigentlich nicht mehr vorkommt. weil es sich als solches – meines erachtens nach – selber ausschließt.
den wichtigsten hinweis dafür, wie diese mechanismen in gesunder anwendung für menschen LEBENsrettend sind, verdanke ich dem buch
"... trotzdem ja zum leben sagen", ein psychologe erlebt das konzentrationslager, von viktor e. frankl,
einem meiner ganz großen vorbilder auf dem weg zum menschsein.
evelyne w. - 1. Jun, 21:54